WDF*IDF, TF*IDF, Semantisches SEO und jetzt auch noch holistischer Content? „Das hört sich doch eher an wie eine Bullshit Bingo Liste für SEO-Klugscheißer und nicht, als würde man das wirklich brauchen!“, denkt ihr euch jetzt vielleicht. Naja, ganz so ist es leider nicht. Natürlich denken wir SEOs uns immer wieder neue, tollklingende Methoden aus, um auch wirklich das allerletzte Fitzelchen Ranking-Power zu erzeugen. Dass diese Vorgehensweisen deshalb aber mehr Schein als Sein sind, kann man nicht sagen. Auch der holistische Content bzw. das holistische SEO hat seine Daseinsberechtigung. Doch für den Titel „neuer heißer Scheiß am SEO-Himmel“ – das können wir schon jetzt sagen – reicht es unserer Auffassung nach nicht. Fangen wir aber erst einmal an.
1. Was ist denn bitte holistischer Content & warum braucht man den?
Es ist kein Geheimnis mehr, dass Google immer mehr Wert auf Content legt. Jaja, keiner nimmt euch eure Backlinks weg und ihr könnt und sollt sie auch immer noch berücksichtigen. Aber Leute, bitte lernt endlich, dass ihr am Ende des Tages noch so viele Links auf eure Seiten knallen könnt, wenn den Content keine Sau lesen will oder verstehen kann, dann konvertiert so oder so nix. Warum also nicht gleich richtig? Spätestens seit dem Google Hummingbird Update im Jahr 2013 und dem Aufkommen von Semantischem SEO sollte das jedem klar sein.
Was heißt nun aber „holistischer Content“? Das Wort stammt vom griech. „holos“ ab, was so viel bedeutet, wie „ganz“. Gemeint ist mit holistischem Content also ganzheitlicher und umfassender Content, der ein Thema möglichst komplett abhandelt. Ziel ist es, den User besser zu informieren und seine Fragen zu beantworten, sodass eine Kaufentscheidung getroffen werden kann. Außerdem kann dieser Ansatz helfen, aus den typischen SEO-Gedankengängen zu entfliehen, die häufig ein Thema nicht richtig abbilden, da man nur von sich ausgeht.
So kann Holismus dem SEO helfen
Stellt euch vor, ihr habt das Keyword „Reisekoffer“ für eine Kategorie-Überseite eures eCommerce-Kunden und müsst hierzu einen Text verfassen. Der typische SEO arbeitet mit dem Conversion Expert zusammen und bastelt nun eine Landingpage, die folgendes Inhaltsverzeichnis haben könnte:
- Reisekoffer im Laufe der Zeit: So hat sich der Koffer entwickelt
- Reisekoffer ABC: Auf diese 5 Dinge sollten Sie achten
- Stoff oder Metall: So finden Sie das perfekte Material
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Wer häufig in Online-Shops unterwegs ist, findet meist genau solchen Content unter den Listings. Leider hat die Zielgruppe aber andere Fragen, die – sollte man holistischen Content verwenden – beantwortet werden könnten. Das Ziel wäre eine deutlich besser konvertierende Seite. Ihr glaubt nicht, dass es so viele mögliche Fragen gibt? Bitte schön:
Wusstet ihr, dass die Leute zwischen „Reisekoffer für Männer“, „Reisekoffer für Mädchen“ und „Reisekoffern für Frauen“ unterscheiden? Oder wie wäre es mit „Reisekoffer mit Motiv“, „Reisekoffer mit Motor“ und „Reisekoffer mit TSA Schloss“? Aus diesem Input lässt sich locker ein 5.000 Wörter langer Text erstellen, der aufgearbeitet als dynamische Landingpage (dazu später mehr) oder mit Sprungmarken sehr hilfreich sein kann. Noch dazu ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass durch die Beantwortung all dieser Fragen ein Ranking beim umkämpften Keyword „Reisekoffer“ zustande kommt. Trotzdem gibt es auch Fälle, wo holistischer Content eher gemieden werden sollte.
2. Warum holistischer Content nicht immer Sinn macht
#1 – „Ich will nicht immer alles wissen“
Stellt euch vor, ihr googelt einen recht nischigen Sachverhalt, zu dem ihr eine explizite Antwort benötigt – z.B. „China Geld tauschen“. Was ist hier vermutlich die Suchintention? Der User könnte wissen wollen, wie die Währung in China genannt wird und wo er sie erhält, um für einen potentiellen Urlaub gewappnet zu sein.
Möchtet ihr hier jetzt ein 5.000 Wörter Pamphlet durcharbeiten, welches unter anderem Fragen enthält, wie „Seit wann gibt es in China eine Währung?“ oder „Darum ist Geld in China eher digital als bar“ sowie auch „Das chinesische Geld im Laufe der Dynastien“ enthält? Nein, denn ihr habt ja bereits mit dem Keyword recht klar signalisiert, was euer Ziel ist – Geld tauschen. Die Antwort wo das möglich ist und welchen Kurs es gibt, genügt euch vermutlich.
#2 – „Mobilen User bricht der Daumen ab“
Ich hatte weiter oben bereits die sogenannten „dynamischen Landingpages“ erwähnt. Mit diesen kann ein User beispielsweise wählen, wie viel Zeit er zum Lesen hat und je nachdem, wie die Antwort lautet, verändert sich die Länge und somit der Content der Seite. Während das eine Lösung sein kann, geht das jedoch nicht immer. Das würde darin enden, dass mobile User, die teilweise 3/4 des Webseiten Traffics ausmachen, sich den Daumen „wundscrollen“ müssen, um eine Antwort auf ihre Suche zu erhalten. In Zeiten kurzer Aufmerksamkeitsspannen wird euch das mit hohen Absprungraten (Pogo Sticking) gedankt werden, was als negatives SEO-Merkmal gewertet werden kann.
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#3 – „Für Longtails zu aufwendig & nicht zielführend“
Bezugnehmend auf Grund #1 und das Keyword „China Geld tauschen“ lässt sich auch noch sagen, dass aus Sicht des SEO gerade einmal ein Suchvolumen von 20 Usern pro Monat winkt. Wer das Pareto-Prinzip kennt, weiß, dass hier Holistik im SEO an ihre Grenzen stößt. Aufwand und Ertrag stehen nämlich in keinem sinnvollen Verhältnis, sodass gerade Longtail Keywords bei derartiger Arbeit zu meiden sind.
#4 – Themen & Fragen passen nicht zusammen
Was haben die Keywords „Singleurlaub“, „Urlaub mit Kind“, „Urlaub mit Frau“ und „Urlaub mit Hund“ gemeinsam? Bis auf den Urlaub nix. Das können wir auch ganz gut an den SERPs ausmachen, die wir erhalten, wenn wir die Keywords eingeben. Dort ist gut zu sehen, dass jede Suchanfrage komplett andere Ergebnisse mit sich brachte.
Auch das ist ein gutes Indiz dafür, wann holistischer Content nicht wirklich Sinn macht. Diese Keywords sollten daher nicht in einen Text zusammengeschmissen werden. Sucht immer nach Themen, wo die einzelnen Fragen so beantwortet werden können, dass sie für dieselbe Zielgruppe von Belang sind.
3. Wann holistischer Content definitiv Sinn macht
Kommen wir doch nun einmal dazu, wann genau holistischer Content bzw. holistisches SEO Sinn ergibt. Ich habe es mit dem Keyword „China Geld tauschen“ bereits indirekt angedeutet. Sinn macht es dann, wenn wir auf nicht näher definierte Suchintentionen bei einem Main Keyword gehen. Während bei „China Geld tauschen“ klar ist, was der User will, ist es das beim Keyword „China Währung“ nicht. Der User könnte alles Mögliche zum Thema wissen wollen und noch dazu ist das Suchvolumen deutlich höher (3.600 Suchanfragen im Monat). Genau an einem solchen Punkt macht es Sinn, holistisches zu denken.
Können wir das in Fakten oder einer Checkliste festhalten?
Ja, durchaus. Folgende Gegebenheiten sollten vorliegen, damit über holistischen Content nachgedacht wird:
- Suchvolumen von min. 3.000 bis 10.000 Anfragen pro Monat
- Es ist eine undefinierte Anfrage bzw. ein Main Keyword
- China Währung
- KFZ-Versicherung
- Online Marketing
- Malediven Urlaub
- usw.
- Das Keyword hat harte & viel Konkurrenz, sodass viel Content nötig ist
- Es gibt ausreichend Fragen der Zielgruppe, die beantwortet werden können
- Die Fragen lassen sich ohne Verständnisprobleme in einem Text beantworten
Um einmal bei einem praktischen Beispiel für euch zu bleiben: Ein guter Best Practice ist die Webseite https://www.risikolebensversicherungen.com/, die holistischen Content zum Keyword „Risikolebensversicherung“ (27.100 Suchanfragen pro Monat) erstellt hat. Wenn ihr euch die Seite anschaut, merkt ihr, dass es sich tatsächlich um eine einzige Landingpage mit knapp 5.000 Worten handelt. Jede Frage ist dabei ein Longtai Keyword – z.B. „Risikolebensversicherung Vorteile“, „Risikolebensversicherung kündigen“ oder „Risikolebensversicherung Beitragsrückerstattung“, die jeweils selber Suchvolumen haben aber auch das Main Keyword pushen, da dieses enthalten ist.
An diesem Beispiel erkennt ihr auch gut, warum eine holistische Seite zu einem Longtail keinen Sinn ergibt. Das Keyword ist schlicht und ergreifend bereits Teil des holistischen Contents des Main Keywords. Wenn überhaupt kann darüber nachgedacht werden, zu dem spezifischen Longtail wieder einen eigenen, kleineren, spezifischeren Text zu erstellen. Warum? Der holistische Content hat gute Chancen zum Main Keyword zu ranken, da er viele Themen abgreift, lang ist und informativ. Bei Longtail Keywords tendiert Google aber dazu, spezifischere Ergebnisse zu listen, wofür dann der eigene Text des Longtail Keywords gedacht ist. Ich denke ihr merkt langsam, worauf es hinaus läuft.
- Holistischer Content für Main Keywords (Überseiten, Startseiten, Kategorieseiten)
- SEO Content für Longtail Keywords (Ratgeber, How-Tos etc.)
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3. Wie wir holistischen Content in der Praxis einsetzen
Ihr habt mittlerweile einen ziemlich guten Einblick erhalten, wann genau holistischer Content Sinn ergibt und wann nicht. Trotzdem möchte ich zum Ende noch einmal kurz darauf eingehen, wie wir einen solchen Text erarbeiten, denn leicht ist es gewiss nicht.
Kenne deine Zielgruppe & Fragen
Als erstes nutzen wir das Tool „AnswerThePublic“, welches es ermöglicht einen Sachverhalt ganzheitlich zu erfassen. Hier wird das Keyword mit Fragen, Präpositionen und mehr verbunden, was einer erweiterten Keyword Recherche entspricht. Darüber hinaus setzen wir uns mit der Zielgruppe auseinander. Das ist möglich, indem wir das Tool „Hotjar“ verwenden und User-Umfragen erstellen. Hier können wir Feedback der Nutzer einsammeln und erfahren ganz genau, zu welchen Themen sie Content wollen und was für Fragen sie am meisten beschäftigen.
WDF*IDF & TF*IDF
Mit WDF*IDF lässt sich bestimmen, in welchem Verhältnis ganz bestimmte Wörter innerhalb einer Unterseite (Dokument) zu allen potentiellen Seiten stehen. Oder ganz plump gesagt: Das Tool nimmt Wörter, die in Texten stehen, die zum Keyword „Stift“ ranken und schaut, wie häufig diese in eurem Text vorkommen – zum Beispiel 1 Mal alle 300 Wörter. Nun schaut das Tool, wie die Häufigkeit des Vorkommens auf Seiten ausschaut, die bei diesem Keyword bei Google oben stehen. Dort ergibt sich nun, dass das Verhältnis 1 zu 150 bis 1 zu 250 beträgt. Aus diesen Werten werden für alle wichtigen Worte Durchschnitts-, Mindest- und Maximalwerte gebildet. Die Annahme dahinter ist, dass Seiten, die bei Google oben stehen, etwas richtig machen und deren Verhältnis daher wohl sehr gut zu sein scheint. Nun versucht man an diese Werte heranzukommen.
Bei TF*IDF geht es wiederum um ein spezifisches Wort, also z.B. das Keyword, auf welches ihr optimiert. Auch hier wird nun wieder ein Verhältnis erzeugt – früher Keyword Density genannt – und mit anderen Seiten verglichen.
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Sprungmarken, Visualisierungen & Dynamic Landingpage
Wer sehr viel Text schreibt, muss dafür sorgen, dass User diesen lesen wollen und können. Das geht nur, wenn er entsprechend aufbereitet ist. Viele Grafiken, Videos, Audio, Sprungmarken und einiges mehr sind möglich und nötig, um den Leser an der Stange zu halten. Online Marketing Experte Karl Kratz hat zudem eine noch viel bessere Methode serienreif gemacht: Die dynamische Landingpage. Hier kann der Nutzer selber wählen, wie viel Zeit er sich zum Lesen nehmen möchte, woraufhin sich die Landingpage in ihrer Länge und der Darstellung des Contents anpasst.
Fazit: Holistischer Content ist toll & sinnvoll, aber nicht immer
Wer holistischen Content holistisch einsetzt (ha, Wortwitz!), der wird also keinen Erfolg haben. Er muss gezielt bei bestimmten Begriffen zum Einsatz kommen und es gibt eine ganze Reihe zusätzlicher Aspekte (Visualisierungen, Sprungmarken, WDF*IDF etc.), die ihr nicht aus den Augen verlieren solltet. Gut ist aber, dass mit dieser Entwicklung wieder der Nutzer bzw. die Zielgruppe und deren Fragen in den Vordergrund gerückt sind. Stumpfer SEO-Content wird somit langsam ausgerottet. Die Allheilwaffe ist es am Ende dann trotzdem nicht. Eben doch nur ein weiteres Werkzeug, welches richtig eingesetzt werden will.